Hintergrund und Zielsetzung
Die Stadt Gladbeck weist einen hohen Bestand an sogenannten Gartenstadtsiedlungen auf – ein Siedlungstypus, der insbesondere im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert als Arbeitersiedlungen von den großen Kohle- und Stahlindustrien entwickelt wurde. Als Begründer der Gartenstadtbewegung gilt der Engländer Ebenezer Howard, der in seinem Konzept städtebauliche und sozialreformerische Ideologien vereint. Zentrale Prinzipien waren etwa einheitliche Kubaturen und Gestaltung von Baukörpern sowie großzügige Gärten zur Erholung und Selbstversorgung.
Waren die Siedlungen ursprünglich in Gänze im Eigentum der Unternehmen, wurden die Häuser gegen Anfang des 21. Jahrhunderts an Einzeleigentümer:innen verkauft. Seitdem wurden zahlreiche Änderungen an Gebäuden und Grundstücken vorgenommen, die nicht immer den ursprünglichen architektonischen und stadtgestalterischen Vorstellungen entsprechen. Hintergrund dessen ist nicht zuletzt, dass sich die Ansprüche an Wohnraum seit der Entstehung der Siedlungen deutlich gewandelt haben: So ist etwa der Flächenbedarf pro Person insgesamt deutlich gestiegen; hinzu kommen neue Nutzungsanforderungen wie das Arbeiten im Home Office. Auch hat die Verbreitung des motorisierten Individualverkehrs zu deutlich höheren Pkw-Zahlen pro Haushalt geführt, für die entsprechende Stellplatzbedarfe bestehen.
Unsere städtebauliche Untersuchung zielte somit einerseits darauf ab, im Rahmen einer Beteiligung von Bewohner:innen, diese veränderten Nutzungsansprüche zu ermitteln und einen verträglichen Rahmen dafür auszuloten: Auf der anderen Seite stehen die Erfordernisse zum Schutz der baukulturell bedeutsamen Strukturen, die es langfristig zu sichern und authentisch erlebbar zu machen gilt.
Ergebnisse der Studie
Dazu haben wir die neun Siedlungen Zweckel, Uechtmannstraße, Schultendorf, Kamp-Kolonie, Ellinghorst II, Erlenstraße, Köhnestraße, Brauck A und Brauck B in den Blick genommen und zunächst festgestellt, dass diese überwiegend ihren gartenstadttypischen Charakter bis heute erhalten konnten. Zugleich haben wir Handlungsbedarfe identifiziert, die trotz der vorhandenen Heterogenität der Siedlungen, insgesamt ähnlich ausfallen. So ist es in vielen Siedlungen zu Überformungen gekommen, z.B. durch Umbauten, Nachverdichtungen und Versiegelungen. Das Erscheinungsbild ist heute stellenweise uneinheitlich, etwa aufgrund von unterschiedlichen Gestaltungsvorstellungen und fehlenden oder unklaren planungsrechtlichen Regelungen. Darüber hinaus sind in diesen Vorgaben häufig noch keine Aussagen bezüglich Klimaschutz und -anpassung vorhanden.
Auf Grundlage von Siedlungssteckbriefen, die jeweils die Besonderheiten und Handlungserfordernisse für die einzelnen Siedlungen zusammenfassen, haben wir Maßnahmen formuliert und Instrumente aufgezeigt, in deren Rahmen diese umzusetzen sind. Dazu gehören etwa Anpassungen in Bebauungsplänen, Gestaltungs- und Erhaltungs- bzw. Denkmalbereichssatzungen oder die Erarbeitung integrierter Konzepte.
Ort
Gladbeck (D)
Auftraggeber
Stadt Gladbeck
Beauftragung
Städtebauliche Studie
Planungszeitraum
01|2023 – 04|2024
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